Die Frage nach der roten Kerze

Oft werden an das Stadtarchiv Fragen gerichtet, die nicht sofort oder nicht schlüssig beantwortet werden können. Eine solche war etwa vor einiger Zeit die eines Kollegen aus dem Klärwerk: „Warum besitzt eigentlich der städtische Christbaum vor dem Rathaus eine einzige rot leuchtende Kerze?“
Die ursprüngliche Annahme, diese Farbauswahl sei rein technisch zum funktionaleren Ein- und Ausschalten gedacht, erwies sich sofort als falsch. Auch die Vermutung, es handele sich hier um eine politische Aussage der Nachkriegszeit, um an die Kriegstoten und die Kriegsgefangenen zu erinnern, bestätigte sich nicht.
Theorie ging hin zum Gedenken an Gefallene im Krieg
Die Frage der Kriegsgefangenen, die in der Sowjetunion auch noch nach Kriegsende festgehalten wurden, beschäftigte tatsächlich die deutsche und Teublitzer Öffentlichkeit bis 1954 überaus stark. Alleine in der Sowjetunion wurden über drei Millionen deutsche Kriegsgefangene nach Kriegsende festgehalten. Bekanntlich erfolgte die Freilassung der letzten deutschen Kriegsgefangenen aus der UdSSR erst 1955 aufgrund der Moskaureise von Bundeskanzler Konrad Adenauer.
Eineinhalb Jahre zuvor, am 2. Januar 1954 begrüßte die Stadt vor dem Rathaus Karl Franke, der anscheinend als einer der letzten Teublitzer aus der Gefangenschaft nach Hause zurückkehrte. Bei ihm handelte es um einen Flüchtling aus Schlesien, der im Zivilberuf als Filmvorführer gearbeitet hatte. Der Bezug zu Teublitz ergab sich durch seine Ehefrau, die hier eine neue Heimat gefunden hatte. Zu seinen Ehren läuteten die Glocken der Teublitzer Kirche eine Viertelstunde lang, nach dem Empfang durch die Stadt trug er sich in das Goldene Buch ein.
Seit rund 80 Jahren steht ein Christbaum am Marktplatz
Das Foto zeigt ein verschneites Rathaus mit Marktplatz sowie einem Christbaum und einer großen Anzahl von Menschen, die trotz des schlechten Wetters gekommen waren, um Karl Franke daheim zu begrüßen. Da die Entfernung vom Weihnachtsbaum zu groß war und die Aufnahme schwarz-weiß, kann natürlich hier keine rote Kerze erkannt werden, die aber damals anscheinend bereits verwendet wurde. Das Foto verdeutlicht jedoch, dass bereits 1954 am Platz der Freiheit in der Weihnachtszeit ein Christbaum den Marktplatz schmückte.
Katholische Bräuche und volkstümliche Überlieferung
Eine andere Erklärung für die rote Kerze, die eigentlich naheliegend wäre, liefert ein verbreiteter Brauch in bestimmten katholischen Bistümern, eine rosarote Kerze und drei violette Kerzen beim Adventskranz zu verwenden. Diese Farbauswahl greift auf liturgische Traditionen, am dritten Adventssonntag beim Gottesdienst ein entsprechendes Priestergewand zu verwenden. Obwohl plausibel, liefert auch dieser Brauch keine schlüssige Begründung für die eine rote Kerze bei unserem Christbaum.
Eine Umfrage unter Kollegen, machte deutlich, so die breite Meinung, dass es sich bei der roten Kerze um ein allgemeines Symbol für alle Verstorbenen handelt. Mit ihr drücke man die Erinnerung an sie aus. Ganz besonders an Weihnachten, dem Fest der Liebe, Freundschaft und Familie.
Haben auch Sie eine Theorie oder den wahren Grund, der sich hinter der roten Kerze am Christbaum verbirgt? Dann lassen Sie es uns wissen! Für weitere Hinweise wären wir dankbar. Wenden Sie sich gerne an Stadtarchivar Dr. Thomas Barth, per E-Mail an thomas.barth@teublitz.de oder telefonisch unter 09471 9922 36.
Text: Dr. Thomas Barth, Stadtarchiv Teublitz